Die Anzahl Häuser, die auf dem Markt kommen, nehmen jährlich zu.
Der Immobilienmarkt boomt – oder besser boomte. Denn führende Experten sagen schon bald eine Trendwende der ständig steigenden Immobilienpreise voraus. Verantwortlich dafür sind neben den jüngsten Preissteigerungen für Energie und der Senkung des Leitzinses durch die EZB vor allem der demographische Wandel und der bevorstehende Generationenwechsel.
Knapp die Hälfte aller Eigenheime in der Schweiz befinden sich derzeit im Besitz der Generation der Baby Boomer. Zwischen 1946 und 1964 geboren waren sie es, die vom wirtschaftlichen Aufschwung nach dem zweiten Weltkrieg profitierten. Damit war es überhaupt kein Problem, sich auch mit einer eher durchschnittlichen Qualifizierung ein Eigenheim zu leisten und anschliessend eine Familie zu gründen.
Die Nachfolgegeneration der Baby Boomer, die Generation X, drängte zur Ausbildung und Studium in die Städte. Während ihre Eltern in ihren Immobilien verblieben, suchten die Kinder nach Mietwohnungen und verursachten so einen anhaltenden Anstieg der Mietpreise in den grossen Städten. Denn auch wenn sie nicht so zahlreich sind wie ihre Elterngeneration – die Nachfrage an zusätzlichem Wohnraum liess sich durch Neubauten kaum decken.
Als in den letzten Jahrzehnten mit den Millenials die nächste Generation auf den ohnehin angespannten Wohnungsmarkt traf, verschärfte sich diese Entwicklung deutlich: So sind zum Beispiel die Mietpreise in Zürich allein in den letzten fünf Jahren um fünf Prozent gestiegen. Denn die Generation der Baby Boomer verweilt noch immer in ihren Eigenheimen, sodass nur wenig Wohnraum wieder auf den Markt kommt, während die Nachfrage kontinuierlich steigt.
Nach abgeschlossener Berufsausbildung fing ab den 90er Jahren auch die Generation X zunehmen mit der Gründung ihrer Familien an. Dabei wollten die meisten von ihnen selbstverständlich, genau wie ihre Eltern, ihren Traum vom Eigenheim verwirklichen. Realisieren liess sich das nur über Neubauten. Die Häuser ihrer Kindheit bewohnten schliesslich immer noch ihre Eltern und Mehrgenerationenhäuser, wie sie früher ganz normal waren, sind aus der Mode gekommen.
Die gestiegene Nachfrage an Eigenheimen, ohne ein nennenswertes Angebot, führte zu stetig steigenden Preisen. Neubauten gross angelegter Projekte sind derzeit oft schon vor Baubeginn vergeben. Wer ein Einfamilienhaus für seine Familie ergattern will,braucht derzeit nicht nur das nötige Kapital, sondern auch viel Geduld und eine gehörige Portion Glück.
Nun kündigt sich für die nächsten Jahre ein demographischer Wandel und dadurch eine Entspannung auf dem Immobilienmarkt an: Bis 2030 werden die meisten Angehörigen der Baby Boomer Generation in den Ruhestand gehen. Dabei führt die Pensionierung in vielen Fällen dazu, dass die aktuelle Wohnsituation überdacht wird: Brauchen wir wirklich noch so viel Platz? Reicht die Rente aus, um die steigenden Nebenkosten zu zahlen? Und lohnt sich für mich das Eigenheim noch?
Meist ist die Antwort auf diese Fragen ein klares ‚Nein‘: Den meisten Menschen wird klar, dass das Eigenheim im Alter eher eine Belastung ist. Deswegen finden Immobilienverkäufe am häufigsten zur Pensionierung statt. Aber spätestens mit dem Ableben oder dem Umzug der Baby Boomer ins Altersheim werden ihre Immobilien frei.
Etwa die Hälfte der freigewordenen Eigenheime bleibt in der Familie: Angehörige der Generationen X und Y, die bisher noch kein Glück auf dem Immobilienmarkt hatten, ziehen in das Elternhaus. In einigen Fällen sind sie bereits versorgt, wollen sich aber trotzdem nicht von dem Wohneigentum trennen und vermieten das Objekt. Die andere Hälfte der Einfamilienhäuser landet direkt auf dem Immobilienmarkt und steht dort zum Verkauf. Die Zürcher Kantonalbank hat berechnet, dass dadurch in den nächsten 25 Jahren allein im Kanton Zürich etwa 30.000 Einfamilienhäuser auf dem freien Markt landen werden. In der gesamten Schweiz werden es laut Credit Suisse etwa 200.000 sein. Dabei prognostizieren die Experten, dass die Zahl der freiwerdenden Häuser in den nächsten 25 Jahren zunehmend steigen wird: Sind es derzeit noch weniger als 2.000 pro Jahr, sollen es 2045 mehr als 20.000 sein.
Bei den Eigentumswohnungen ist die Verkaufsquote etwas höher: Hier landen etwa 62 Prozent aller Erbschaften auf dem freien Markt. Das wären in den nächsten 25 Jahren insgesamt etwa 100.000 Eigentumswohnungen allein im Kanton Zürich – ein jährlicher Anstieg von 4.000 Wohnungen. Das würde eine Verdopplung der zum Verkauf angebotenen Wohnungen bedeuten. In der gesamten Schweiz prognostiziert die Credit Suisse 200.000 zusätzliche Eigentumswohnungen auf dem Markt.
Der Nachteil: Die meisten dieser Objekte stehen unmittelbar vor der ersten umfassenden Renovation. In diesem Fall ist es mit dem blossen Kauf also nicht getan. Stattdessen erfordert die Sanierung noch einmal eine Menge Kapital. Wer diese Variante als günstige Alternative zum Kauf eines Einfamilienhauses sieht, könnte sich also vertun.
Aber auch die in der Familie verbleibenden Eigentumswohnungen werden bei weitem nicht immer selbst genutzt. Studien zeigen, dass sie in 42 Prozent der Fälle vermietet werden und damit ebenfalls auf dem Wohnungsmarkt landen. Dass das eine deutliche Entspannung für den Wohnungsmarkt bedeutet, sollte jedem klar sein.
Glaubt man den Prognosen, und es gibt keinen triftigen Grund, das nicht zu tun, ist gerade der denkbar schlechteste Zeitpunkt für das Investment in Immobilien. Sowohl Privatleute als auch Anleger und Investoren sollten sich derzeit genau überlegen, ob Sie bei den momentanen Höchstpreisen eine Immobilie erwerben wollen. Denn deren Wert wird in den kommenden Jahren beinahe garantiert sinken.
Andererseits ist die Generation X derzeit mit Abstand die einkommensstärkste Gruppe auf dem Markt. Sie steht auf ihrem beruflichen Höhepunkt und hat dementsprechend das nötige Kapital, um in Anlageimmobilien zu investieren. Und wer bereits jetzt kauft, kann noch teuer vermieten, bevor auch die Mietpreise durch den Generationenwechsel und damit einhergehende Entspannung am Immobilienmarkt wieder sinken werden.